Die Reinheim-Reichelsheimer Eisenbahn (1)

Über allen Wipfeln ist Ruh' ...

Nachdem DB Cargo die Schließung des Tarifpunkts Reinheim im Rahmen von MORA-C zum 02.01.2002 angekündigt hatte und offensichtlich weder in der Lage noch Willens war, an Alternativen mitzuwirken, schlug bereits Mitte Dezember 2001 die letzte Stunde der GBRE: am 12.12.01 verließ der letzte Güterzug Groß-Bieberau in Richtung Reinheim, die V 36 kehrte nach Groß-Bieberau zurück und wurde an ihrem Stammplatz unter der Schotterverladung abgestellt ...

  Dornröschenschlaf in Groß-Bieberau am 31.12.01


... bereits Ende Januar 2002 war auch dieser Dornröschenschlaf beendet, die V 36 wurde zum Stammwerk der MHI (Mitteldeutsche Hartstein-Industrie) nach Nieder-Ofleiden umgesetzt. Ausser den Sonderfahrten zum Reinheimer Markt am 01. und 02.06. gab es im Jahr 2002 keinen weiteren Verkehr auf der Strecke. Erst im Mai 2003 wurde für ein gutes halbes Jahr die Schotterabfuhr ab Groß-Bieberau wieder aufgenommen, die Durchführung des Betriebs wurde von der WAB übernommen. 2004 wird es wohl keinen Betrieb mehr geben, nachdem die DB AG ihre Schotterversorgung auf die Straße verlagern möchte ...



Sieht so die Zukunft aus???
... die allerletzten Meter Gleis auf der Gersprenzbrücke am südlichen Ortsausgang von Groß-Bieberau








DB-Kursbuch-Karte von 1957 ...

Vorgeschichte


Bereits Mitte der 60er-Jahre des 19. Jahrhunderts entstanden viele kühne Pläne zur eisenbahnmäßigen Erschließung des Odenwalds, nachdem die Hessische Ludwigsbahn schon 1846 ihre Strecke entlang der Bergstraße von Darmstadt nach Heidelberg in Betrieb genommen hatte. Die einen forderten eine Strecke von Darmstadt über Ober-Ramstadt, Groß-Bieberau, Brensbach, Bad König nach Michelstadt, andere wollten eine Verbindung von Worms über Heppenheim, Fürth, Michelstadt nach Miltenberg und weiter über Wertheim nach Würzburg (1867), wieder andere sahen die Zukunft in einer Strecke von Reinheim über Reichelsheim, Fürth und Weinheim nach Mannheim (1870), ein Projekt, das 4 Jahrzehnte lang die Gemüter bewegte, auch dann noch (oder erst recht), als Reichelsheim und Fürth bereits mit der Bahn erreichbar waren und gerade mal eine Lücke von 10 Kilometern zu schließen gewesen wäre.

Entstehung

Ernsthaft ins Gespräch kam der Bau einer Gersprenztal-Eisenbahn dann erstmals Ende 1868, wobei man bereits mit einer Strecke von Reinheim nach Brensbach zufrieden gewesen wäre. 1872 ließ dann die Hessische Ludwigsbahn Vermessungen im Gersprenztal durchführen, ihre Bemühungen zur Erteilung einer Konzession blieben jedoch erfolglos. 1884 dann der nächste Versuch: erneut wurden "generelle Vorarbeiten" zum Bau einer Bahnlinie Reinheim - Reichelsheim durchgeführt. Warum der Bahnbau dann doch wieder unterblieb: mer waas es net. Ende 1886 wurde dann wieder mal mit Vermessungen begonnen, und am 17.03.1887 erhielt schließlich das "Eisenbahn - Consortium Darmstädter Bank - Herrmann Bachstein" die Konzession zum Bau und Betrieb der Reinheim - Reichelsheimer Eisenbahn (RRE). Unverzüglich wurden die Bauarbeiten aufgenommen, und bereits ein knappes halbes Jahr später war die 17,9 Km lange Strecke fertiggestellt, da die Trasse im wesentlichen parallel der Gersprenztalstraße führte und es fast keine natürlichen Hindernisse zu überwinden gab (Ausnahme: der 38 m lange Reinheimer Tunnel, bei dessen Bau ein Einschnitt gegraben wurde, der nach Fertigstellung des Tunnelgewölbes wieder zugeschüttet wurde). Das rollende Material stand rechtzeitig zur Bauabnahme am 26.09.1887 zur Verfügung, so daß der planmäßige Betrieb am 10.10.1887 aufgenommen werden konnte, wobei der geplante Termin (01.09.1887) nicht ganz eingehalten werden konnte.




Zur Eröffnung der RRE verfaßte ein unbekannter Reimer aus Reichelsheim dieses Gedicht ...

Betreiber


Knapp 8 Jahre wurde der Betrieb dann von besagtem "Eisenbahn - Consortium" durchgeführt. Bereits am 11.04.1895 ging die RRE dann an die Süddeutsche Eisenbahn - Gesellschaft (SEG) über, die den Betrieb bis 1953 durchführte. In diesem Jahr wurde die Bahn der Hessischen Landesbahn GmbH (und damit dem Land Hessen) übereignet, die Verwaltung und Betriebsführung übernahm die Deutsche Eisenbahn - Gesellschaft (DEG). In den folgenden Jahren ging das Verkehrsaufkommen immer mehr zurück, der Zustand der Strecke und die Überalterung des rollenden Materials hätten der Hessischen Landesbahn Millionen - Investitionen abverlangt, also wurde in einem ersten Schritt der Personenverkehr zum 26.05.1963 eingestellt und auf die Straße verlegt. Ende Mai 1964 wurde auch der Güterverkehr auf dem Abschnitt Groß-Bieberau - Reichelsheim eingestellt, und bereits Anfang August diesen Jahres begann der Abbau der Gleisanlagen. Der Streckenabschnitt Reinheim - Groß-Bieberau dagegen ist bis heute erhalten geblieben. Die Verwaltung erfolgt durch die DEG, die seit 1999 als 100%ige Tochter zur französischen Connex-Gruppe gehört, die wiederum zum Vivendi-Konzern gehört. Die Betriebsführung liegt weiterhin bei der GBRE (Groß-Bieberau - Reinheimer Eisenbahn GmbH), einem Tochterunternehmen der Odenwälder Hartstein - Industrie (OHI).


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